16.9.2014 Münster - Telgte





In Münster noch ein Besuch im Schrebergarten bei Judith aus Erfurt. Eine kleine Idylle und Selbstversorgung mit Gemüse, Obst und Blumen. Der bunte Blumenstraus kommt auf den Schreibtisch im Museum. Am Bahnhof bin ich mit Birgit verabredet. Wir wandern diese Etappe gemeinsam. Gespräche entwickeln sich über Veränderungen in der Familie, den pubertierenden Sohn, Religion (wir sind auf dem Prozessionsweg), DDR Erfahrungen in der Schulzeit. Ein Besuch 1981 mit der Schulklasse und dem Geschichtslehrer in Berlin, Dresden, Weimar... Starke emotionale Betroffenheit in der Gedenkstätte KZ Buchenwald, Ohnmachtsgefühle an der Grenze, Überwachung im Bus und auf allen Wegen, vorprogrammierte Zusammenkünfte mit Gleichaltrigen in FDJ Hemden. Beim Mittagessen Politunterricht. Welche inszenierten Bilder nahmen die Jugendlichen vom DDR Alltag mit nach Hause? 

Das Wetter ist heute sommerlich mit Sonnenschein und 25 Grad. Unterwegs ein Treffen mit der befreundeten Redakteurin von der WN. Über die Ems an der Pleistermühle. Noch ein Selbsterfahrungstrip mitten ins Maisfeld zum Verirren. Wir kommen nach Telgte. Ein Pilgerort. Das Marienstandbild der Pieta in der Kapelle drückt Mitleid statt Verklärung der Mutter aus. Heute wird im Ort Mariengeburt gefeiert mit Pferdemarkt und Kirmes. Der Ort ist gut besucht.

Sylke wartete auf mich vor ihrem Haus, wo sie mit ihrem kranken Mann wohnt und arbeitet. Erst 9 Jahre nach der Wiedervereinigung ging sie mit ihrer Familie weg aus Halberstadt. Wegen der Arbeit. Erst nach Warendorf, dann nach Telgte. In der alten ländlichen Heimat wurden das Leben und die Aufgaben von den Jahreszeiten bestimmt. Heu einholen und Kirschen pflücken ging der Revolution vor. Mit der Wende wurden erlernte Werte komplett in Frage gestellt und auch verworfen. Eltern missachteten ihre Verantwortung für die Kinder im Zuge von revolutionären Aktivitäten oder Grenzübertritten. Bildung ist ihr ein wichtiges Gut. Diese immateriellen Ideale leben auch ihre beiden erwachsenen Söhne. Durch die Umschulung konnte sie sich in Telgte selbstständig machen. Die vom Heimatverein verantwortete Bepflanzung mit Blumen der Hängeampeln im Ort unterstützt sie mit Spendengeldern.