15.9.2014 Altenberge - Münster



Aus Altenberge hinunter in die Wiesen... Morgens ist es immer noch nebelig aber ganz mild. Die Landschaft wird hier noch stimmungsreicher, etwas hügelig, die Gehöfte einsamer und mondäner. Manchmal stehen Körbe mit Früchten am Weg.

Die Unterhaltung mit dem Goldschmied aus Nienberge war wirklich ganz nett. Er erinnerte sich an den traurigen Anblick der kaputten Fabrikgebäude in der DDR und an das Elbsandsteingebirge. Im Wald ist er in jungen Jahren gelaufen. Letztens hat er wilde Orchideen am Wasserlauf entdeckt und mit Ästen markiert. In meinem Garten wachsen auch welche. Ich konnte sie finden. In Nienberge sah man noch Schadspuren vom letzten Hochwasser.

Um vier kam ich zu meiner Verabredung nach Münster. Frau Schreck hat für mich Mohnkuchen nach thüringer Rezept gebacken. Ihre Verbundenheit mit der thüringer Heimat und Ruhla fühlt sie ganz stark, insbesondere auch mit den Familienangehörigen. Der Vater floh in den 30er Jahren vor den Nazis nach Münster und überlebte als Einziger seiner Kameraden der Gruppe sozialistischer Untergründler. Frau Schreck, 1937 geboren, erinnert sich an Spaziergänge in Ruhla zwischen dem 5. und 7. Lebensjahr. Dort verbrachte sie mit ihrer Familie die Kriegszeit während der Bombardierung in Münster. In Ruhla stürzte ein Flieger gegen den Berg. Die Fensterscheiben zersprangen in der Kleinstadt. Der Rückweg nach Münster übers Feld und mit der Bahn war durch die russische Besatzung nach Kriegsende erschwert. Heimat lebte in der thüringer Klößeküche und den Kuchenrezepten, der Mundart und während der vielen Reisen mit ihrem Mann. Die Nachricht von der Grenzöffnung erreichte das Ehepaar ebenso unerwartet, wie die Nachricht vom Mauerbau. Sie waren mit ihren Kindern nur einen Tag vor dem 13.8.61 in Berlin. Schiefersteine aus Ruhla liegen jetzt im Hausgarten in Münster. Die Kinder und Enkel ganz in der Nähe. Auf der Terrasse wurde Raum geschaffen für familiäre Zusammenķünfte und Feiern.

Angelika empfing mich am Abend. Mit ihren beruflichen Aktivitäten überwand sie den größten Schmerz nach dem Tod ihres Mannes vor 5 Jahren. Traurige Ereignisse verdichteten sich in dieser Zeit. Der Ortswechsel nach Münster entlastete von häuslichen Verpflichtungen und machte frei für neue soziale Kontakte und kulturelle Aktivitäten. Kürzer und vor allem selbstbestimmt stellt sie sich ihr berufliches Leben als Rentnerin vor, mit viel Freiraum für Hobbys und Familie. 

Neuanfänge schaffen Spielräume für neue Erfahrungen. Segeln mit fremden Menschen eine Woche lang, Städettouren, Radtouren, Museumsbesuche, die selbstgestaltete Wohnung, Nachbarschaftsprojekte, neue Kontakte... Angekommen in Münster.